Von Axel Engels
GREVEN. Die Kulturschmiede in Greven wurde am Donnerstag im Rahmen des Münsterland Festivals Part 24 zu einem Raum für recht ungewöhnliche Klänge. Dort trat der junge Marimbaspieler Andrés Coll aus Ibiza mit seinem Cosmic Trio an, um den Satz „Folk is not dead“ mit Leben zu füllen.
Viele Jazzfreunde waren am Donnerstag sogar aus Münster angereist, wo Andrés Coll beim diesjährigen Jazzfestival schon Aufsehen erregte.
Nichts an diesem Abend war tot – alles war in Bewegung, vibrierend, schillernd, lebendig wie ein Sternenhimmel über der kastilischen Hochebene. Andrés Coll, gerade einmal 24 Jahre alt und Schüler von Joachim Kühn, brachte zusammen mit dem polnischen Geiger Mateusz Smoczyński und dem spanischen Schlagzeuger Ramón López eine Musik auf die Bühne, die so frei und zugleich geerdet klang, an die man sich allerdings auch erst gewöhnen musste.
Das Trio schuf eine Klangwelt, in der Free Jazz und Volksmusik aufeinandertrafen – manchmal in harmonischer Bahn, manchmal in leichtem wohl dosiertem Chaos.
Der Anfang mit „Good Morning“ war kein sanftes Aufwachen, sondern ein vibrierendes Erwachen, bei dem Andrés Colls Vibraphon die Führung übernahm, seine Partner sich im Laufe des Stücks dann auch auf in einstimmten. „Debussy Dances“ folgte mit ungebremster Energie, die Geige malte impressionistische Linien in die Luft, während López mit federndem Schlagzeugspiel ein rhythmisches Netz spannte, das alles zusammenhielt.
Mit „The Docks“ und „Accetive Steps“ begann dann der Aufbruch in noch freiere Welten. Hier wurde die Struktur durchlässig und die Improvisation nahm einen noch größeren Raum ein. Andrés Colls Schlägel tanzten über das Vibraphon, Ramón López entfachte rhythmische Explosionen, Smoczyński antwortete mit Geige. Das Publikum, aufmerksam und neugierig, ließ sich auf diese Reise ein.
„Housewife Joy“, ein Stück von Andrés Colls Mentor Joachim Kühn, brachte eine neue Facette in das ansonsten von Eigenkompositionen geprägte Konzert. Hier war die Musik kein abstraktes Konzept, sondern reine Spielfreude, die zwischen Kontrolle und Chaos pendelte.
„Call of the Fam“ verband iberische Volksklänge mit improvisatorischem Wagemut, als würde jemand einen alten Tanz aus der Mancha nehmen und ihn mit innovativen Stilelementen bereichern. „Fly low, fly high“ war fast ein Motto für das ganze Konzert. Ramón López, der erfahrene Schlagzeugmagier, war dabei weit mehr als Begleiter – er war Navigator, treibende Kraft und stiller Erzähler zugleich.
Smoczyński zauberte Töne, die zwischen Jazz und slawischer Melancholie schwebten, während Andrés Coll sich als Architekt von Klangräumen zeigte. Das Klavier hat er einmal als sein „sekundäres Instrument“ bezeichnet, auf dem er Werke von Bartok und Mozart übt. Wenn er sich dann an den Boston-Flügel setzte, merkte man seine auf Klangfarben ausgerichtete Spielweise.
Dass dieser Abend Teil des Münsterland Festivals Part 24 war, mit Spanien als Gastland, verlieh dem Ganzen einen symbolischen Glanz. Der Abend wurde zu einem Beispiel dafür, wie das Festival Brücken baut – zwischen Ländern und Stilen. Folk ist tatsächlich nicht tot, zumal wenn er so leidenschaftlich in ein neues Gewand gekleidet wird.