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2014 – Klassik-Open-Air am Beach






2014 – Klassik-Open-Air am Beach


Klassik-Open-Air am Beach (WN)Schöner ist es schon, wenn der Himmel voller Geigen hängt statt dieser schweren Wolken, die den Blick auf die Sterne verstellen. „Sie sind da, man sieht sie nur nicht“, beruhigte zum Auftakt des Klassik-Konzerts am Beach der Dirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie, Markus Huber, und versprach angesichts der herbstlichen Brisen „heiße Rhythmen und wärmende Melodien“ – und begann das achte Open-Air-Konzert „Sterne des Südens“ mit einer musikalischen Lüge . . .
Vielen der gut 600 Zuhörer, die sich – eingemummelt in Decken, Regencapes und Kapuzenjacken – auf einen Wohlfühlabend freuten, ist bei Verdis Nabucco-Ouvertüre sicher die unausrottbare Schnulzenzeile von Freddy Breck durch den Kopf gegangen: „Überall auf der Welt scheint die So-ho-honne . .“ Nur eben in Greven nicht. Aber die tapferen Zuhörer wurden für ihre Geduld gleich doppelt belohnt: Der große Regen hielt sich bis zum Schlussakkord zurück, und die trotz der Widrigkeiten bestens aufgelegten Musiker auf der Bühne gaben wirklich alles.
Allen voran der Star des Abends, der junge ungarische Klarinettist Zsigmond Kara, der gleich im zweiten Stück mit einer schier unglaublichen Sicherheit durch Rossinis vertrackte Variationen eilte und seinem Instrument einen warmen, runden, bisweilen feierlichen Ton entlockte, dass es eine Wonne war, ihm zuzuhören. „Wenn er nicht Klarinette spielt, was selten vorkommt“, sagte Markus Huber, „dann kocht er mit Leidenschaft.“ Worauf ein Zuhörer seinem Nachbarn zuraunte: „Wenn der nur halb so gut kocht, wie er spielt, dann hat er seine ersten Sterne schon verdient.“
Nach George Bizets schmissiger Carmen-Suite (die Solotrompeter Felix Hirn wohl am meisten genoss) und dem ebenfalls zum Mitsummen und Mitwippen einladenden Finale der Wilhelm-Tell-Ouvertüre kündigte Dirigent Huber nach Art eines Zirkusdirektors den Höhepunkt des Abends an: „Den Drahtseilakt, die absolute Todesnummer!“ Die, bei Windstärke acht auf der Bühne – wer sonst? – Zsigmond Kara in Angriff nahm mit Luigi Bassis Fantasien über Verdis Oper „Rigoletto“; die wahrhaft akrobatische Fingerübungen, wahnwitzige Läufe bis in die obersten Etagen und zirkusreife Hochgeschwindigkeitssicherheit verlangte – die Zsigmond Kara scheinbar leicht und locker meisterte. „Das“, sagte Markus Huber, der wohl mitgezählt hatte, „waren ungefähr 53 000 Noten in sieben Minuten.“
Schade, auch das muss angemerkt werden, dass ausgerechnet hier die Übertragungstechnik Probleme hatte und dem Klarinettisten immer mal wieder mit unangenehm lauten Knacken in die Parade fuhr.
Als die Wolken noch mal dicker wurden und der Wind noch heftiger durch die Eichen brauste, strichen die Philharmoniker kurzerhand den Johann Strauß (Die „Rosen des Südens“ wären ohnehin wohl weggeweht worden) und setzten mit dem aufpeitschenden Soundtrack aus „Fluch der Karibik“, Giménez’ Hochzeits-Zarzuela und dem zu Recht weltberühmten Danzón Nr. 2 von Arturo Márquez einen fulminanten Schlusspunkt unter einen Konzertabend, der im Grunde alles zu bieten hatte: Sommerwind satt, ein tolles Orchester, einen noch tolleren Solisten, heiße Rhythmen und wärmende Melodien.
Aber schöner ist es schon, wenn der Himmel voller Geigen hängt . . .
Trocken wird es auf jeden Fall im November, wenn die Nordwestdeutschen Philharmoniker aus Herford wieder nach Greven kommen, um in der Josef-Kirche Brahms Requiem zu spielen.

 

Klassik-Open-Air am Beach (GZ)

Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung. Nach diesem Motto strömten am Sonntagabend über 600 Besucher auf den Konzertplatz an der Emsaue, um das 8. Klassik-Open-Air-Konzert live und hautnah zu erleben.
Zünftig waren sie ausgerüstet, mit Regenkleidung, Regenschirm, Woll- und Thermodecken, wärmenden Sitzkissen und sogar Wintermänteln. Bis zu Windstärke acht fegte der Sturm über den Platz, gespickt mit vereinzelten Tropfen. Doch das Publikum lauschte dem zweistündigen Konzert voller Begeisterung. Egon Koling, Vorsitzender der Kulturinitiative Greven, begrüßte mit einem gar kühnen und zutreffenden Vergleich: „Auch in Verona kommen die Besucher bei gutem und bei schlechtem Wetter.“
Veranstalter und Besucher wurden für ihren Aufwand belohnt mit dem musikalischen Programm „Sterne des Südens“ der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford unter der Leitung von Markus Huber. „Auch wenn sie die Sterne des Südens nicht sehen, sie sind da über der Wolkendecke“, tröstete Huber, der sich zu seinem facettenreichen Dirigat als ebenso eloquenter Moderator präsentierte. Für die dritte Kooperation mit dem Summerwinds-Festival konnte der ungarische Solist Zsigmond Kara (Klarinette) für das Konzert gewonnen werden.
Bereits die Ouvertüre zur Oper Nabucco von Guiseppe Verdi zeigte die Qualitäten des Orchesters. Bekannte Melodien tauchten auf und wurden unverschnörkelt, authentisch und absolut klangstark interpretiert. Immer wieder fiel auf, wie ausgewogen die Instrumentengattungen aufeinander eingingen. Die feine Abstimmung zwischen den Bläsern und den Streichern ließ jedem Instrument den nötigen Klangraum.
Bei Kompositionen von Gioacchino Rossini und Luigi Bassi betrat der 25-jährige Kara die Bühne für seine Auftritte mit dem Orchester. Es hätte den Hinweis auf seine Qualifizierung durch Huber nicht gebraucht, denn sein virtuoses und emphatisches Spiel überzeugte vollends. „Das waren 53 000 Noten in sieben Minuten für den Solisten“, kommentierte Huber Karas Interpretation der Phantasie Brillante über Verdis Oper „Rigoletto“ von Bassi.
George Bizets Carmen-Suite und Gioacchino Rossinis Finale der Ouvertüre zur Oper „Wilhelm Tell“ belegten einmal mehr die Qualität des Orchesters. Und die Filmmelodie zum „Fluch der Karibik“ entfachte den musikalischen Sturm auf der Bühne sowie den stürmischen Applaus des Publikums.
Mit dem Intermezzo aus dem Hochzeitsstück des Luis Alonso, komponiert von Geronimo Gimenez, und dem Danzon Nr. 2 des mexikanischen Komponisten Arturo Marquez belegte das Orchester spanisch-südamerikanisches Temperament mit echten Kastagnetten. Die ersten Konzertflüchtlinge gab es erst bei der Zugabe – doch das lag nicht an der Musik, sondern am einsetzenden dichteren Regen.