Storno im Ballenlager (WN)Reckenfelder mussten hart im Nehmen sein – oder eine große Portion Selbstironie mitbringen. Immer wieder setzte es am Freitagabend kabarettistische Seitenhiebe in Richtung des vermeintlich gebeutelten Stadtteils. Dass der aus Sicht vieler Grevener ein Imageproblem hat, hat sich offenbar schon bis nach Münster rumgesprochen. Genüsslich jedenfalls nahmen im Ballenlager die Domstädter Jochen Rüther, Harald Funke und Thomas Philipzen die Reckenfelder aufs Korn und bewiesen so, dass sie viel mehr können, als ihr Programm abspulen. Als zwei Zuschauerinnen kurz Richtung Damen-WC entschwanden, mussten diese sich von Philipzen fragen lassen: “Was’ los? Letzter Bus nach Reckenfeld?” Auch die Physik-Experimente der Cern-Wissenschaftler inspirierte zu einer liebevollen Watschen: “Jede Materie braucht Antimaterie, jedes Greven braucht sein Reckenfeld”, erklärte Harald Funke. Und als Philipzen die deutsche TV-Landschaft sezierte, durfte auch “CSI Reckenfeld” nicht fehlen.
Lokal gefärbte Pointen wie diese gaben dem kabarettistischen Jahresrückblick ihre ganz besondere Note. Gleiches galt für kleine Pannen und Versprecher, die sich ins fast dreistündige Programm einschlichen. Charmant und witzig wurden die von Rüther, Funke und Philipzen ins Programm eingebunden – echte Profis eben. Mit enormer Schlagfertigkeit wusste das Trio jede noch so missliche Lage zu überspielen. Man merkte: Da stehen drei auf der Bühne, die selbst enormen Spaß an dem haben, was sie tun.
Großen Spaß hatte auch das Publikum. Beim rasanten Parforceritt durch das Jahr 2008 wurde die kleinen und großen Ereignisse leidenschaftlich durch den Kakao gezogen. Nichts und niemand war vor den scharfzüngigen Analysen sicher. Olympia, die Bahn und die deutsche Sozialdemokratie wurden ebenso wenig ausgespart wie Obama, das deutsche Fernsehen und die hohen Spritpreise. Funke etwa versicherte glaubhaft, in 2008 mal überfallen worden zu sein, nur weil er eine Diesel-Jeans trug. Auch der Finanzkrise und der deutschen Bildungslandschaft räumten die drei breiten Raum ein. Kostprobe: “Mein Geld ist sicher, hat der Banker gesagt. Und heute ist es so viel wert wie ein Bremer Abitur.” Philipzen konstatierte: “Bildung ist Ländersache. Haben die Alliierten mal eingeführt, um uns zu schwächen. Hat ja auch ganz gut geklappt.”
Jeder der drei erhielt genug Raum, seine individuellen Stärken auszuspielen: Rüther glänzte als vornehmer Feingeist, der eher still in sich hineinlacht (Funke: “Fürs Protokoll: Herr Rüther hat geschmunzelt”). Funke war die Rolle des Gesichtsakrobaten vorbehalten. Unglaublich, was er mitteilen kann, ohne zu sprechen. Und Philipzen gefiehl als quirliger Tausendsassa (Rüther: “Die Allzweckwaffe – so eine Art Margot Hellwig des Kabaretts”).
“Storno” – das ist auch in diesem Jahr wieder Unterhaltung auf höchstem Niveau. Wer den Auftritt im Ballenlager miterlebt hat, wird mit Spannung erwarten, was die begnadeten Funke, Rüther und Philipzen wohl aus 2009 machen werden.
Storno im Ballenlager (GZ)Zufriedenheit pur herrschte am Samstagabend im Ballenlager. Die Macher von Grevens Kulturinitiative (KI) konnten sich mal wieder über ein volles Haus freuen. Die Besucher erlebten einen Abend mit Kabarett der Extraklasse und auch die Akteure, die drei Kabarettisten von Storno, hatten ihre wahre Freude an einem mitgehenden und dankbaren Publikum.
Storno, das sind drei Vollblutkabarettisten, drei individuelle Typen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Da ist einmal Jochen Rüther, der griesgrämige Realist, dann Harald Funke, der den Part des begriffsstutzigen Trottels inne hat und schließlich der quirlige Springteufel Thomas Philipzen, der seine körperlichen Einsätze leider zu oft in Rumpelstilzchen-Manier überzieht.
Diese drei waren am Samstagabend angetreten, um dem Grevener Publikum einen satirischen Jahresrückblick auf das Jahr 2008 zu bieten. Klar, dass diese Bilanz, das “Storno des letzten Jahres” vergnüglich werden musste:
Berlusconi wurde bereits zum dritten Male in Italien zum Ministerpräsidenten gewählt. Ja, die ärmsten Schweine des Jahres waren die Investmentbanker. Deshalb ging auch Thomas Philipsen mit der Sammelbüchse durch die Besucherreihen. Dankbares Thema auch die Olympischen Spiele. Natürlich hat Storno auch seine Lieblingspolitiker. Roland Pofalla ist einer davon, dann natürlich auch die Bayern. Jörg Haider hat daran geglaubt! Pfiffige Ideen haben sie schon, die Drei von Storno. Durch einen Tritt in die Kniekehle wird die Quantenmechanik verdeutlicht und das Vater unser wird zum Bittgebet um preiswertes Benzin.
Eigentlich banal, wie man NRW- Kultusministerin Sommer bloßstellt. “Frau Sommer”, so die Feststellung, “ist mehr als nur gescheit, sie ist gescheitert.” Aber es kommt gut an. Na ja, Plattheiten gibt es natürlich auch. “Ach unsere Marine jagt jetzt Johnny Depp”, meint Harald Funke zum Einsatz gegen die Piraten vor Somalia und dann rät Storno, sich wegen der hohen Spritpreise mit Diesel-Jeans zu bevorraten.
Etwas albern war es auch, Reckenfeld immer wieder zur Lachnummer machen zu wollen. Gut die Idee zum Lied der Schlümpfe sich über die Kultusministerkonferenz lustig zu machen, und vor dem Hintergrund von Goethes Faust die Große Koalition darzustellen. Da verkuppelt der Sauerland-Mephisto (Müntefering) das schwarz-rote Paar und die große Koalition ist ein rockiges Vergnügen, wo es mal nach Links und mal nach Rechts geht.
Nach rund drei Stunden endete ein vergnüglicher Abend. Auch die Zugabe war noch einmal ein richtiger Knaller. Mit “Pippi am Strumpf” radeln unsere Radrennfahrer ins Verderben. Mit lang anhaltendem Beifall wurde das Kabarett der Extraklasse schließlich verabschiedet. Und auf dem Wege aus dem Ballenlager kann man immer wieder hören: “Das war wirklich klasse!”.