Meistens gelingen Fortsetzungen nur bei Kriminalromanen, wo der Kommissar weitere Fälle lösen muss. Bei Liebesgeschichten ist das recht ungewöhnlich, im wahren Leben ebenso wie in der Literatur. Bei der Inszenierung des Thiele-Neumann-Theaters erlebte das Publikum bei „Alle sieben Wellen“ von Daniel Glattauer, dass nach „Gut gegen Nordwind“ eine gefühlsgeladene Geschichte auch weiter gehen kann. Der Ausspruch „er lieb sie, sie liebt ihn und alles ist gesagt“ trifft eben nicht immer zu.
Wer Emmi Rothner und Leo Leike und ihre E-Mail-Lovestory noch nicht kannte, fand sich bei der Fortsetzung von „Gut gegen Nordwind“ doch zurecht. Auf ein wie bei anderen Inszenierungen üppiges Bühnenbild verzichtete Regisseur Valerij Persikov ganz, konzentrierte sich alles auf das gesprochene Wort. Die beiden Protagonisten zeigten dabei eine starke Präsenz und konnten ihre schauspielerischen Qualität perfekt einbringen.
Die Geschichte startete in Boston, wohin sich Leo zurückgezogen hatte und seitdem sämtliche Annäherungsversuche von Emmi vom Systemmanager zurückweisen ließ. So die Ausgangssituation, das Traumpaar hatte ja nicht zueinander gefunden. Aber das fehlende Happy End war der Beginn einer neuen „alten“ Liebe, mit all ihren Gefühlswallungen, Verirrungen und unvorhersehbaren Entwicklungen. Das Publikum erlebte das Paar in den privatesten Bereichen ihres Lebens, dort wo sie auch am angreifbarsten waren. Man litt mit ihnen und lachte über die leicht humoristischen Einfärbungen den in Worte gefassten Handlungsablaufes.
Aus den beiden Mail-Schreibern waren zwei Suchende geworden, deren Bedürfnis nach Nähe nicht mehr durch reine Texte befriedigt werden konnte. Reibungspunkte hatten beide zur Genüge. Das Publikum erlebte einen überaus spritzigen und unterhaltsamen Abend, der allerdings nie in äußere oder gar billige Effekte abglitt.