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2016 – UniJazzity im Ballenlager






2016 – UniJazzity im Ballenlager


Es gibt ein paar Momente an diesem Abend, da wirkt das Szenario auf der Bühne schlichtweg ein bisschen paradox. Im positiven Sinne, wohlgemerkt. Hochwertiges Musizieren trifft Chillen, so könnte man es vielleicht beschreiben. Hier und da tuscheln die Akteure miteinander, ab und an pfeift jemand spontan die Melodie mit oder wippt im Takt. Doch das gehört zum Programm: Das, was optisch phasenweise an eine lebhafte Schulchor-Probe erinnert, ist musikalische Spitzenklasse. Auf Einladung der Kulturinitiative gastierte am Freitagabend des Jugendorchester „Uni-Jazzity“ im Ballenlager.

Die Zuhörer erlebten dabei ein musikalisches Fest, an dessen Ende es niemanden mehr auf seinem Platz hielt – und zwar völlig zu Recht. Die vielleicht zentrale Erkenntnis des Abends: Musikalisch Hochbegabte können so wunderbar normal sein. Jugendliche im Alter von elf bis 17 Jahren aus ganz Nordrhein-Westfalen bilden das mehrfach preisgekrönte Orchester, das vor etwa einem Monat mit dem renommierten WDR-Jazzpreis ausgezeichnet wurde. Kein Zweifel also: Musik-Talente, die es in dieses Orchester schaffen, haben es einfach drauf. Und dennoch wirken die Jungen und Mädchen alles andere als abgehoben: Lässig, locker, leicht – mit „Uni-Jazzity“ erschienen zahlreiche Jazz-Evergreens in einem ganz neuen, frischen Gewand. Der klassische Big-Band-Sound, der es bei Teenagern mutmaßlich eher selten auf die MP3-Player schafft, kommt plötzlich – auch und gerade für Laien – absolut cool daher.

Mit „Children of Sanchez“ zum Auftakt geht das Orchester sofort in die Vollen. Und Leiter Christian Kappe, der auch noch als charmanter Moderator glänzt, schmunzelt: „Bei den Solisten gibt’s sofort ein Heimspiel“. Stimmt! Denn ein Orchestermitglied kommt aus Greven: Der 15-jährige Jonas Neyer ist seit 2013 Teil von „Uni-Jazzity“.

Ein beträchtlicher Fanblock aus Verwandten und Freunden hat sich in den hinteren Reihen versammelt – von gesteigerter Aufregung ist beim jungen Altsaxofonisten aber dennoch nichts zu sehen. Souverän meistert er seine Soloparts, mit entspannter Miene groovt er mit, wenn er mit seinem Saxofon mal kurz Pause hat, applaudiert seinen Kollegen, wenn die ein furioses Solo hinlegen. „Das ist einfach Musik, die mitnimmt“, erklärt Jonas Neyer in der Pause. Ganz klar: Es ist ein Hobby, das viel Zeit und Mühe in Anspruch nimmt und für das Jonas Neyer durch das ganze Münsterland tourt. Zusammen mit einem Orchester, das einen besonderen Spirit verkörpert: „Es sind lauter tolle Leute hier, die es einfach können“, grinst Neyer.

Dann geht’s für den Grevener zurück auf die Bühne, wo die zweite Hälfte beginnt. Weitere Jazz-Klassiker schmettern regelrecht durch den Saal, der berühmte „Libertango“ ertönt, bei „Blues in Latin“ sind feurige Latino-Rhythmen im Spiel, bevor „UniJazzity“ mit „Blackbird“ von den Beatles auch noch einen Ausflug in die Popmusik wagt. Mit viel Enthusiasmus setzt Christian Kappe seine Schützlinge in Szene, die vom Publikum ihren – völlig verdienten – minutenlangen Beifall erhalten.