WDR Big-Band im Ballenlager (WN)
Zum zweiten Mal bewies die WDR Big Band im Ballenlager ihre Extraklasse.
Die spontanen Reaktionen im Leben sind doch meist die ehrlichsten: „Charles wer?“ Die Frage nach dem Komponisten Charles Mingus, der das Konzert der WDR Big Band am Donnerstagabend im Ballenlager programmatisch dominierte, sie beschäftigte im Vorfeld dieses Auftritts nicht nur blutigste Jazz-Anfänger, sondern auch so manchen Liebhaber eben jenen Genres in Greven. Selbst der kulturbeflissene KI-Chef Egon Koling musste gestehen: „Bekannt war Mingus mir vorher nicht“, gab der Grevener Kulturmacher Nummer eins zu, den US-amerikanischen Jazzkomponisten, der den Bass mehr ins Rampenlicht rückte, wilde Werke gegen die Rassenkonflikte schrieb, den Big Bands geteilte Stücke zwischen Eleganz und Extase diktierte, nicht gekannt zu haben.
Vielleicht war diese Unbekannte der einzig triftige Grund dafür, dass das Ballenlager nicht ganz ausverkauft war an diesem Abend. Was nämlich die Musiker angeht, die den Spezialisten Mingus vertonten, hatte die Kulturinitiative erneut Hochkaräter an Land gezogen, die ihres Gleichen suchen. Das international renommierte Weltklasse-Ensemble der WDR Big Band gab sich zum zweiten Mal in Greven die Ehre. Schon beim ersten Auftritt vor zwei Jahren waren die 18 Vollblutmusiker mit einem Programm der Marke „Very Personal“ angereist. Jetzt folgte die perfekte Fortsetzung: „WDR Big Band plays Mingus“ – ein Konzert, das das Attribut „Very Special“ verdient.
Die erste Besonderheit: John Goldsby und sein Kontrabass lugten mit ausladenden Soli deutlicher öfter aus der Big-Band-Truppe hervor als man es normalerweise gewohnt ist. Mal spielerisch sanft, mal kernig hart zupfte sich Goldsby durchs Programm, zeigte, dass auch ein gestrichener Kontrabass im Klang mitreißen kann, demonstrierte sein Können, gerade im Zusammenspiel mit der üppig ausgestatteten, weil zahlenmäßig überlegenen Bläserfraktion. An anderer Stelle überzeugten weitere Solisten wie Pianist Frank Chastenier mit einem bedächtig dahinfließenden, nicht enden wollenden Flügel-Part namens „Self Portrait in Three Colours“.
Und selbstverständlich kamen auch die Bläser zu Wort, Trompeter, Posaunisten und vor allem die dominanten Saxofonisten um Karolina Strassmayer, einzige Frau der Band. Sie alle spielten mit künstlerischer Raffinesse und profitierten zudem vom gekonnten Arrangement der Mingus-Werke durch Bandchef Michael Abene höchst selbst.
Er war letztlich auch dafür zuständig, mit viel Witz und einer großen Portion Coolness durch den Abend zu führen, indem er sich beispielsweise vom Flötisten die kaputten Hosenträger mitten auf der Bühne „reparieren“ ließ. Dieser bestechende Charme machte schließlich auch den Eindruck wett, den die Big Band zum Ende ihres Auftritts erweckte: Trotz stehender Ovationen würgten die Musiker den frenetischen Zuhörerapplaus mit nur einer kleinen Zugabe ab. Die Kölner Band saß wohl auf heißen Kohlen und wollte nach Hause kommen. Morgen spielen sie das gleiche Konzert in Europas neuer Kulturhauptstadt Maribor. Den Slowenen sei gesagt: Es wird „Very Special“. Die WDR Big Band bleibt sich treu.
WDR Big-Band im Ballenlager (GZ)
„Die beste Bigband der Welt“, so begrüßte der Vorsitzende der Kulturinitiative, Egon Koling, die WDR-Bigband am Donnerstagabend im Ballenlager. Und sie wurde den Vorschuss-Lorbeeren gerecht.
Bandmanager Lucas Schmid, der die Band seit zehn Jahren begleitet und produziert, ließ es sich nicht nehmen, das Publikum mit einigen Worten zu begrüßen und sich für die Einladung nach Greven ausdrücklich zu bedanken. „Wir werden hier bestens betreut“, sagte er zufrieden. Während die 18 Musiker bereits ihre Plätze eingenommen hatten, begrüßte Lucas Schmid nun den heraneilenden Dirigenten.
Das Publikum applaudierte, schließlich handelt es sich bei Michael Abene um eine echte Musiker-Größe. Der aus New-York stammende Dirigent, Komponist und Pianist ist mehrfach ausgezeichnet. Abene hat Charles Mingus´ Musik für die WDR Big Band arrangiert. Abene machte nicht lange Worte und eröffnet den spannenden Abend mit „Boogie Stop Shuffle“. Es beginnen musikalische Dialoge. Da „unterhält“ sich die Posaune mit Trompeten, während das Klavier leise untermalt. John Goldsby gibt an diesem Abend den Hauptsolisten am Kontrabass. Immer wieder finden Interaktionen zwischen den Musikern und ihren Instrumenten statt.
Greven applaudierte auch zwischendurch, wenn ein Solo besonders gefiel – und Grund zum Applaudieren gab es reichlich. Zwischen zwei Stücken winkte ein Orchesterspieler aus der ersten Reihe den Dirigenten plötzlich unauffällig zu sich. Das Grevener Publikum war doch etwas irritiert, als Michael Abene mit leicht gehobenen Armen da stand und nichts mehr passierte. Irgendetwas versuchte der Musiker an Abenes Hose zu richten.
Mit einem charmanten Applaus versuchte man die Situation zu überspielen. Nach langen Sekunden wendete sich der 69-jährige Dirigent höchst amüsiert mit den Worten „My Hosenträger kaputt… there goes my image“, an sein Publikum. Der ganze Saal tobte vor Lachen und spendete tosenden Beifall. Das Konzert endete nach zwei Stunden und wenn man dem tosenden Beifall glaubt, war es sicher nicht das letzte seiner Art.